(2018-06-11) Roger Waters – Köln, Lanxess Arena, Us + Them Tour

Was soll ich sagen … Das Konzert war einzigartig grossartig. Ich hatte eigentlich keine großen Erwartungen gehabt und wäre auch nicht zu diesem Konzert gegangen wenn ich nicht die Karten zu Weihnachten geschenkt bekommen hätte. 110€ sind schon echt viel Geld, und das für Oberrangplätze und für eine Halle die nicht gerade für einen guten Sound bekannt ist, aber wie gesagt es kam anders, positiv komplett anders.

Die ganze Lanxess Arena ist bestuhlt, in dem Inneraum sind nur einige verhältnismäßig wenige Sitzreihen aufgebaut worden. Für VIP und Gold Tickets musste man bis zu 320€ zahlen. Das Publikum war wie erwartet etwas älter und bestand hauptsächlich aus Männern in den 50ern. Einzelne hatte, genau wie ich, die Kinder im Schlepptau .. Ob gezwungen oder freiwillig ist mir nicht bekannt 😉

Wie auch schon bei anderen Pink Floyd/Waters Konzerten fing das Konzert mit einer ruhigen Video Animation mit Meeresrauschen an und die Halle füllte sich zügig.

“Von Ronald Krüger, 12.06.2018 (Bonner General Anzeiger)
 
Arabische Klänge ertönen. Eine riesige Projektionsleinwand zeigt eine Frau, die dem Publikum den Rücken zuwendet und aufs Meer schaut. Meeresrauschen, Möwengekreisch, ein Schiffshorn in der Ferne. Alles ist friedlich, unaufgeregt. Dann färbt sich der Himmel langsam blutrot. Ein surrealer Traum. Nichts ist so wie es erscheint. Das Bild explodiert.

Roger Waters und seine neunköpfige Band nehmen ihre Bühnen-Position ein. Sie beginnen mit „Speak To Me/Breathe“, Jonathan Wilson singt wie David Gilmour es früher getan hat. Das Konzeptalbum „Dark Side Of The Moon” bildet die Mitte des Konzertabends. Danach entstanden weitere große Alben: „Animals“, „Wish You Were Here“ und „The Wall“. Ihnen allen widmet sich die Werkschau des Mastermind von Pink Floyd. Und auch seinem Soloalbum „Is This The Life We Really Want“ gibt er gebührenden Raum.

„Us + Them“ soll die letzte große Welttour sein. Bei guter Gesundheit könne er durchaus weiter machen. Schon beim zweiten Stück „One Of These Days“ – mit dem berühmten Basssolo – zeigt Waters, mit welcher Kraft und Wucht er dieses Konzert angehen will. Bei „The Great Gig In The Sky“ geben die Chorsängerinnen Jess Wolfe und Holly Laessig ihr Bestes. „Wish You Were Here“ lässt die Herzen der Zuhörer glühen. „Another Brick in The Wall“ singt er mit einem Kölner Chor. Viele mögen sich an die Zeit erinnern, als man die Zeilen „We don’t need no education, we don’t need no thought control“ gegen die totalitären Züge des Schulsystems mitgesungen hat. Heute sieht man das vielleicht etwas anders.

Roger Waters war stets ein Perfektionist. Seine 360-Grad-Surround-Anlage macht jeden Klang zu einem großartigen Erlebnis. Mit einer imposanten Videoinstallation macht er unter anderem ein Londoner Kohlekraftwerk auf acht Leinwänden über den Köpfen der Zuschauer sichtbar. Endlich kann der Brite jene visuelle Kraft entwickeln, die ihm stets vorgeschwebt hat.

 

Nach der Pause erklingen mit „Dogs“ und „Pigs“ vom Album „Animals“ wunderbar lyrische Gitarren. Dabei feiern die Musiker eine Party mit Schweinsmasken. Schilder sind zu sehen: „Pigs rule the world“ und „Fuck the pigs“. Personifikation des Schweins ist Donald Trump. Am Ende heißt es: „Trump ist ein Schwein“. Das ist plakativ, aber es ist keine satirische Überhöhung. Waters meint es ernst – findet viel Beifall für diese Darstellung.

Am Ende erstrahlt eine überdimensionale Laserlicht-Installation von „Dark Side of The Moon“. Dann zieht Roger Waters ein Zettel hervor, nicht um Begrüßungsformeln auf Deutsch vorzutragen, sondern er klagt einen lokalen Sender an, der ihm die Zusammenarbeit aufkündigte. Weitere Radiosender folgten. Man warf ihm Antisemitismus vor. Er erhält viel Beifall, als er konstatiert, er sei definitiv kein Antisemit. Doch das ist nur die halbe Wahrheit: In der Organisation BDS (Boykott, Desinvestitionen, Sanktionen), die er seit Jahren öffentlich vertritt, sind nicht Wenige der Meinung, dass dem Staat Israel die Existenzberechtigung abzusprechen sei.

Mit „Eclipse“, dem letzten Stück des Abends, gibt es einen tröstlichen Abschluss. Die Frau, die zu Beginn das Meer betrachtete, ist ein Flüchtling, die ihr Kind wiederfindet. Ein bewegendes Bild, das ein großartiges Konzert zusammenfasst.”

Obwohl gerade in den schreibenden Medien viel über das Thema Waters/Antisemitismus geschrieben worden ist, war das Thema in der Halle nicht wirklich spürbar. Das man die Palästina Politik von Israel auch durchaus kritisch sehen kann, wird wohl keiner ernsthaft in Frage stellen wollen. Jemanden deshalb gleich einen Antisemitismus Stempel auf die Stirn zu drücken halte ich für mehr als fragwürdig und es ist schon bedenklich das einige Radiosender auf diesen Zug springen. Das Publikum nimmt Roger Waters sein aussergewöhnlich emotionales Statements zu diesem Thema jedenfalls ab. Nichtsdestotrotz eignet sich Roger Waters mit seinen oft plakativen Aussagen aber auch als dankbares Streitobjekt.

“Und ich glaube fest, dass alle Menschen, alle Religionen, alle Völker dieselben Rechte haben müssen – so, wie es in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen steht.”

York und ich haben das Konzert jedenfalls wirklich sehr genossen. Beim ersten Teil des Konzerts habe ich mich gefragt ob auch ein Roger Waters + Band in einer kleineren Halle nicht besser aufgehoben wäre. Während des gesamten Konzert hat er regelrecht den Kontakt zum Publikum gesucht und trotz des perfekten Sound fehlte ein wenig die Eindringlichkeit. Nach dem ersten Set, nach “Another Brick in the Wall”, hab ich York gefragt was ihm am besten gefallen hätte; “Alles, die Songs waren alle gleich gut, obwohl ich nur Another Brick in the Wall kannte”. Alles in allem hatte ich einen sehr entspannten Roger Waters auf der Bühne erlebt der scheinbar echt Spaß an dem Konzert gehabt hat, der Nähe zum Publikum gesucht hat und dem die Antisemismus Vorwürfe echt an die Nieren gegangen sind.

Im zweiten Teil des Konzertes war es aufgrund der überraschenden Video Installation natürlich wieder ein Arena Konzert. Sowas geht in keiner mittleren Halle und war einfach überwältigend. Hier waren dann sogar die Plätze auf der Seite von großem Vorteil (Die Leute im Innenraum dürften die Video Installation kaum ähnlich erlebt haben wie wir).

Nach dem Konzert, nach knapp 3 Stunden, hab ich York dann gefragt ob er jetzt verstehen könne warum so viele alte Säcke zu so einem Konzert gehen, Antwort “Ja, das Konzert war richtig geil” … Ich glaube das sagt alles aus und mehr muss man nicht sagen …

Setlist:

Speak to Me
Breathe
One of These Days
Time
Breathe (Reprise)
The Great Gig in the Sky
Welcome to the Machine
Déjà Vu
The Last Refugee
Picture That
Wish You Were Here
The Happiest Days of Our Lives
Another Brick in the Wall Part 2
Another Brick in the Wall Part 3

Set 2
Dogs
Pigs (Three Different Ones)
Money
Us and Them
Smell the Roses
Brain Damage
Eclipse

Encore:
Comfortably Numb

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